Venus und Mars, die Nachbarplaneten der Erde. ©NASA/JPL, NASA/JPL-Caltech/USGS

Exploration des Weltalls Teil 2: Venus und Mars

Sind die Nachbarplaneten der Erde bewohnt?

Auf dem Mars leben kleine grüne Männchen und die Bewohner der Venus ernähren sich von Luft und Liebe. So die Vorstellungen über die Nachbarplaneten der Erde gegen Ende des 19. Jahrhunderts. 1877 beobachtete der italienische Astronom Giovanni Schiaparelli dunkle Linien auf der Marsoberfläche, die als künstlich angelegte Bewässerungskanäle gedeutet wurden. Aus der vermeintlichen Existenz dieser Kanäle leitete sich die Vorstellung ab, dass es sich beim Mars um einen an Trockenheit sterbenden Planeten handelt, dessen Zivilisation um ihr Überleben kämpft. Die Venus malte man sich hingegen aufgrund ihrer undurchsichtigen Atmosphäre als jüngere Erde mit einem milden Klima und reichhaltiger Vegetation aus. Sogar über die Existenz von Dinosauriern auf der Venus wurde spekuliert. Erst die Weiterentwicklung der verfügbaren Teleskope und schließlich die Entsendung von Raumsonden zeigten, dass keine Zivilisationen auf Mars und Venus existieren. Die Suche nach Leben haben die Wissenschaftler allerdings bis heute nicht aufgegeben.

Warum waren noch keine Astronauten auf Mars und Venus?

In der Theorie ist die Klärung der Frage nach Leben auf den Nachbarplaneten der Erde ganz einfach: Astronauten fliegen hin, sehen sich um, nehmen Proben und kehren zur Erde zurück. Wissenschaftler analysieren die Proben und machen die Entdeckung des Jahrhunderts. Oder eben nicht.

In der Praxis gestaltet die ganze Sache sich dann doch etwas komplizierter. Allein schon aufgrund der Entfernung zur Erde sind astronautische Missionen zu Mars und Venus technisch herausfordernd. Eine Reise zu den Nachbarplaneten der Erde klingt nach einem Katzensprung, bewegt sich mit der heute verfügbaren Antriebstechnologie aber nahe an den Grenzen der Machbarkeit. Unsere irdischen Vorstellungen von „nah“ und „weit entfernt“ kommen bei Entfernungen im Weltraum schnell an ihre Grenzen.

Der Mond ist im Mittel gut 384.000 Kilometer von der Erde entfernt. Dass das für kosmische Maßstäbe extrem nah ist, lässt sich schon daran erkennen, dass sich die Entfernung noch relativ problemlos in Kilometern ausdrücken lässt. Bei der Angabe der Distanzen zwischen der Erde und ihren Nachbarplaneten werden die Angaben in Kilometern schon deutlich unhandlicher. So beträgt der kleinste Abstand zwischen Erde und Mars 55 Millionen Kilometer, Erde und Venus nähern sich bis auf 38 Millionen Kilometer an.

Um bei der Beschreibung von kosmischen Entfernungen nicht mit riesigen Zahlen hantieren zu müssen, wird in der Astronomie vor allem im populärwissenschaftlichen Kontext die Einheit Lichtjahr verwendet.

Auf diese Weise ausgedrückt beträgt der kleinste Abstand zwischen Erde und Mars 0,0000058 Lichtjahre oder 3,05 Lichtminuten. Zwischen Erde und Venus liegen 0,0000040 Lichtjahre oder 2,10 Lichtminuten. Das bedeutet, dass bereits das Licht mehrere Minuten benötigt, um von Mars und Venus zur Erde zu gelangen. Für bemannte Missionen hat das die Konsequenz, dass die Reise zur Venus mit den heute verfügbaren Antriebstechnologien im günstigsten Fall mehrere Monate und die Reise zum Mars mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen würde. Dabei besonders problematisch: Außerhalb der schützenden Erdatmosphäre sind die Astronauten einer erhöhten Strahlungsbelastung ausgesetzt. So entspricht die Strahlungsdosis auf einem Flug zum Mars ungefähr der lebenslangen Belastung auf der Erde.

Dass noch keine Astronauten auf Venus und Mars waren, liegt aber nicht allein an Flugdauer und Strahlung.

Heiß, heißer, Venus

Immer wieder wird betont, dass von allen Planeten in unserem Sonnensystem die Venus die größte Ähnlichkeit zur Erde besitzt. Wie die Erde ist die Venus ein Gesteinsplanet und auch in ihrer Größe und Dichte unterscheiden die beiden Planeten sich nur geringfügig. Das bedeutet, dass auch die Fallbeschleunigung beider Planeten annähernd gleich ist. Damit sind die Gemeinsamkeiten aber auch schon erschöpft.

Als nach dem Merkur zweitinnerster Planet unseres Sonnensystems liegt die Venus knapp außerhalb der habitablen Zone. Flüssiges Oberflächenwasser, was als Voraussetzung für die Entwicklung von Leben gilt, kommt aufgrund der Nähe zur Sonne nicht vor.

Ein Jahr, also ein Umlauf um die Sonne, dauert auf der Venus weniger lang als auf der Erde: das Venusjahr hat nur gut 224 Erdentage. Jahreszeiten gibt es nicht, da der Äquator gegenüber der Bahnebene nur geringfügig geneigt ist. Die Venus rotiert extrem langsam, ein Venustag entspricht mit einer Dauer von gut 116 Erdentagen annähernd einem halben Venusjahr. Die Eigendrehung der Venus ist dabei rückläufig, das bedeutet, sie dreht sich im Vergleich zu nahezu allen übrigen Planeten im Sonnensystem in die entgegengesetzte Richtung. Monde besitzt die Venus nicht.

Als einziger Gesteinsplanet in unserem Sonnensystem hat die Venus eine ständig undurchsichtige Atmosphäre. Diese besteht zu gut 96 % aus Kohlenstoffdioxid, den Rest macht in erster Linie Stickstoff aus. Im Vergleich zur Erdatmosphäre hat die Venusatmosphäre eine deutlich größere Dichte und bewirkt dadurch am mittleren Bodenniveau einen Druck von 92 bar. Das entspricht dem Druck auf der Erde in knapp 920 Metern Meerestiefe.

Die Undurchsichtigkeit der Atmosphäre wird durch die ständig geschlossene Wolkendecke bedingt. Diese beginnt etwa 50 Kilometer über der Venusoberfläche und erstreckt sich bis in eine Höhe von 70 Kilometern. Anders als irdische Wolken, die ja in erster Linie aus Wasserdampf bestehen, setzen sich die Wolken der Venus hauptsächlich aus Schwefelsäuretröpfchen zusammen. Daneben gibt es noch chlor- und phosphorhaltige Aerosole. Die Schwefelsäure regnet regelmäßig ab, allerdings erreicht der Säureregen aufgrund der hohen Temperaturen nicht die Venusoberfläche. Die Tropfen verdampfen bereits kurz unterhalb der Wolkendecke und zersetzen sich in Schwefeldioxid, Wasserdampf und Sauerstoff. Diese Gase steigen anschließend bis in die obersten Wolkenbereiche auf, wo sie wieder miteinander reagieren und zu Schwefelsäure kondensieren.

Obwohl die dichte Wolkendecke einen großen Teil der Sonnenstrahlung reflektiert, übersteigen die mittleren Oberflächentemperaturen mit gut 460 °C sogar die Temperaturen auf dem noch näher an der Sonne liegenden Merkur. Dafür verantwortlich ist der starke Treibhauseffekt, der in erster Linie durch die hohen Mengen an Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre bedingt wird. Ohne Treibhauseffekt würde auf der Venus eine Gleichgewichtstemperatur von ungefähr -50 °C herrschen.

Leben in den Wolken

Trotz der Lage außerhalb der habitablen Zone und der extrem lebensfeindlichen Umgebung wird von einigen Wissenschaftlern auf der Venus Leben vermutet. Allerdings nicht auf der Oberfläche – die dort herrschenden Temperaturen sind selbst für die hitzebeständigsten thermophilen Lebensformen zu extrem – sondern in den kühleren Wolken. In der unteren Wolkenschicht sind die Temperaturen mit ungefähr 60 °C vergleichsweise mild und auch der Druck ist mit nur 1 bar erträglich. Zudem filtert die Gashülle des Planeten einen Großteil der schädlichen Strahlung aus dem Weltraum, sodass Leben theoretisch möglich wäre.

Venussonden

Von den Instrumenten verschiedener Venus-Sonden wurden in der Venusatmosphäre spektrale Signaturen erfasst, die den Absorptionsmerkmalen biologischer Moleküle auf der Erde ähneln. In der Erdatmosphäre finden sich Bakterien und Viren bis in Höhen von ungefähr 40 Kilometern.

Um herauszufinden, ob es auch in der Venusatmosphäre Leben gibt, müssten dort idealerweise Proben genommen werden. Dies ist bisher bei keiner Venusmission gelungen. Mehrere geplante Landemodule wurden noch in der Atmosphäre zerstört und auch nach erfolgreichen Landungen hielt das technische Equipment den Bedingungen auf der Oberfläche nur wenige Minuten bis Stunden stand.

2014 stellte die NASA ein Konzept für eine dreiphasige Mission zur Venus vor: HAVOC. Die Abkürzung steht für High Altitude Venus Operational Concept und sieht vor, dass zunächst Roboter und schließlich Astronauten die Venus von in der weniger feindseligen Atmosphäre stationierten Luftschiffen aus erforschen. Aufgrund der technischen Komplexität wurde das Projekt bisher allerdings nicht weiterverfolgt.

Künstlerische Darstellung des Konzeptes der HAVOC-Mission. © NASA

Der Mars als Planet B?

Im Vergleich zur Venus erscheint der Mars schon deutlich einladender. Neben Merkur, Venus und Erde ist er der vierte Gesteinsplanet, mit einem Durchmesser von knapp 6.800 Kilometern allerdings nur in etwa halb so groß wie die Erde. Diese geringe Größe bewirkt in Kombination mit einer vergleichsweise niedrigen Dichte eine Fallbeschleunigung, die mit 3,69 Meter pro Sekunde zum Quadrat lediglich ein gutes Drittel der Erdbeschleunigung beträgt.

Wie die Venus befindet sich der Mars knapp außerhalb der habitablen Zone, allerdings auf der gegenüberliegenden, sonnenfernen Seite. Für einen Umlauf um die Sonne benötigt der Planet knapp 687 Erdtage. Seine Umlaufbahn weicht dabei relativ stark von einer Kreisform ab: Nach dem Merkur hat der Mars die exzentrischste Bahn aller Planeten in unserem Sonnensystem. Ein Marstag wird auch als Sol bezeichnet und entspricht mit 24 Stunden, 39 Minuten und 35 Sekunden in seiner Länge ungefähr einem Erdtag. Die Äquatorebene des Planeten ist gegenüber seiner Bahnebene geneigt, weshalb verschiedene Jahreszeiten beobachtet werden können. Aufgrund der Exzentrizität der Umlaufbahn sind diese auf Nord- und Südhalbkugel allerdings unterschiedlich lang. So ist auf der nördlichen Hemisphäre für 179 Sol Sommer, während der Sommer auf der südlichen Hemisphäre nur 154 Sol anhält.

Der Mars wird von zwei kleinen Monden umkreist, die die Namen Phobos und Deimos (griechisch „Furcht“ und „Schrecken“) tragen. Vermutlich handelt es sich bei beiden um Asteroiden, die von der Schwerkraft des Mars eingefangen wurden.

Der Mars besitzt kein Magnetfeld und seine hauptsächlich aus Kohlenstoffdioxid bestehende Atmosphäre ist extrem dünn. Auf der Oberfläche des Planeten beträgt der Druck lediglich 0,006 bar, was dem Druck der Erdatmosphäre in mehr als 35 Kilometern Höhe entspricht. Der geringe Atmosphärendruck bedeutet, dass Wasser schon bei geringen Temperaturen verdampft und sich in flüssiger Form nicht auf der Oberfläche halten kann. Zudem ist die dünne Atmosphäre weitestgehend durchlässig für die kosmische Strahlung. Bei Tag fällt die Sonnenstrahlung nahezu ungefiltert auf die Oberfläche und wird bei Nacht wieder in den Weltraum abgegeben, was mit starken Temperaturschwankungen einhergeht. Nahe am Äquator erreichen die Temperaturen am Tag etwa 20 °C und sinken in der Nacht bis auf −85 °C ab. Die mittlere Temperatur auf dem Mars beträgt –55 °C.

Eine Folge der täglichen und jahreszeitlichen Temperaturschwankungen sind starke Winde, die den Mars regelmäßig in Staubwolken hüllen, die zum Teil globale Ausmaße annehmen können. Trotz zum Teil extrem hoher Windgeschwindigkeiten haben die Stürme auf dem Mars allerdings deutlich weniger Kraft als auf der Erde und reißen nur kleine Partikel mit sich. Grund dafür ist wiederum die dünne Atmosphäre. Für Explorationsmissionen auf dem Mars stellen die Staubstürme dennoch eine Gefahr dar: Durch die im Extremfall Monate andauernde Verdunkelung der Sonne werden Sonden und autonome Fahrzeuge von ihrer Energiequelle abgeschnitten und können dadurch verloren gehen.

Loses Material auf der Marsoberfläche wird vom Wind zu Dünen geformt, die ihre Gestalt immer wieder verändern. © NASA/JPL-Caltech/University of Arizona

Für die rote Farbe des Mars ist das eisenhaltige Mineral Hämatit verantwortlich, das durch Oxidationsprozesse aus dem ursprünglich dunklen Mineral Magnetit entstanden ist. Die Marsoberfläche ist also von Rost bedeckt. Ob dieser unter Mitwirkung von einst auf dem Mars vorhandenem flüssigem Wasser oder allein durch mechanische Effekte entstanden ist, ist bis heute nicht abschließend geklärt.

Leben unter der Oberfläche?

Durch die größtenteils ungefiltert einfallende kosmische Strahlung wird die Oberfläche des Mars ständig sterilisiert. Höheres oder gar intelligentes Leben ist auf dem Planeten deshalb nicht möglich. Die Existenz von einfachen Organismen hingegen ist durchaus denkbar. Auf der Erde kommen Lebewesen unter ähnlich extremen Bedingungen vor. Beispiele dafür sind die Bärtierchen oder Cyanobakterien der Gattung Croococcidiopsis. Als polyextremophile Lebensformen tolerieren diese extreme Trockenheit, starke Temperaturschwankungen, hohe Strahlungsdosen und weitere lebensfeindliche Umweltbedingungen. Experimente mit Bärtierchen haben ergeben, dass diese einen ungeschützten Aufenthalt im Weltall überleben können. Ähnliche Organismen könnten auch auf dem Mars im Boden oder unter den Eiskappen an den Polen vorkommen.

Marssonden

Mit der ExoMars-Mission, die die ESA in Kooperation mit der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos durchführt, wird die Suche nach Spuren von Leben auf dem Mars derzeit aktiv vorangetrieben. Während historische Ansätze sich auf erdgebundene Beobachtungen und Spekulationen beschränkten, konzentriert sich die moderne Wissenschaft auf die Suche nach Wasser, chemischen Biomarkern im Marsboden und biologischen Molekülen in der Atmosphäre.

Die europäischen ExoMars-Mission dient der Suche nach Leben auf dem Mars. © ESA/D. Ducros

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