27. Juni 2018. Schauen Sie in klaren Nächten auch gerne mal in den Himmel? Wenn ja, dann werfen Sie sicher auch einen Blick zum Mond. Dabei sehen Sie etwas, über das Sie wahrscheinlich kaum jemals bewusst nachgedacht haben: der Mond ist übersät von Kratern. Sie sind mit bloßem Auge gut zu erkennen. Diese Krater sind jedoch nicht von sich aus entstanden, sondern rühren von dem andauernden Beschuss durch Asteroiden seit Jahrmillionen her – ein Beschuss, dem auch die Erde seit Millionen von Jahren ausgesetzt ist. Wir sehen das Ergebnis auf unserem Planeten nur nicht so deutlich, weil die Erde eine sehr aktive Geologie aufweist. Zudem kommt es außerordentlich selten vor, dass wirklich große Objekte die Erde treffen. Kommt es doch einmal vor, sind die Auswirkungen allerdings verheerend.
Eine Sprengkraft wie 1400 Hiroshima-Bomben
Wie zum Beispiel am 30. Juni 1908 über Tunguska in Sibirien. Damals explodierte ein Asteroid mit einem Durchmesser zwischen 30 und 80 Metern über der russischen Stadt. In einem Umkreis von 2000 Quadratkilometern wurde jeder Baum geknickt. Experten schätzten die Sprengkraft des Asteroiden auf die von 1400 Hiroshima-Bomben. Würde ein solcher Koloss eine Stadt direkt treffen, wären die Auswirkungen grauenvoll. Oder 2013 ebenfalls in Russland. Ein 15 bis 20 Meter großer Asteroid explodierte über der Stadt Tscheljabinsk. 1500 Menschen wurden verletzt.
Um das Bewusstsein für diese reale Bedrohung weltweit zu schärfen, hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2016 den 30. Juni zum internationalen „Asteroid Day“ erklärt. Der Asteroid Day wurde 2014 von dem Regisseur Grig Richters und dem Queen-Gitarristen und studierten Astrophysiker Brian May ins Leben gerufen. Rund 100 Wissenschaftler und auch Astronauten haben sich der Initiative damals angeschlossen. Ihr Appell lautet: die Gefahr eines zerstörerischen Asteroideneinschlags ist real, lasst uns die Erde besser schützen und dafür die entsprechenden Instrumente entwickeln.
Ich hatte dafür von Anfang an große Sympathie. Vor allem, weil ich davon überzeugt bin, dass die Menschen sich dieser Bedrohung viel zu wenig bewusst sind. Zwar beobachtet die ESA die sogenannten „Near Earth Objects“, also Asteroiden oder Meteoriden von der Größe weniger Meter bis einiger Kilometer, die um die Sonne kreisen und potenziell die Umlaufbahn der Erde kreuzen könnten. Doch es gibt Hunderttausende davon, und nur ein Bruchteil ist bis heute auch entdeckt und kann somit überwacht werden. Aber selbst wenn wir die Objekte früh genug sehen würden, die sich auf Kollisionskurs befinden: wir wissen noch viel zu wenig darüber, wie wir den Einschlag verhindern können, indem wir die Kolosse ablenken. Und fehlt schlicht die Kenntnis über die Beschaffenheit der Asteroiden.
Wir müssen die Erde vor Asteroideneinschlägen schützen
Deshalb müssen wir uns gemeinsam anstrengen, dieses Wissen möglichst schnell zu vertiefen. Es gibt viele kluge Ideen, wie wir die Erde und damit auch die Menschen vor Asteroideneinschlägen schützen können. Die Möglichkeiten, die die Raumfahrt dafür bietet und durch verbesserte technologische Verfahren künftig bieten wird, sind für mich der Schlüssel dazu. Dazu bedarf es aber einer gemeinsamen Initiative über Ländergrenzen hinweg, denn schließlich geht das Thema uns alle an, egal wo auf der Welt wir zuhause sind.
Die Bedrohung ist real und deshalb müssen wir jetzt damit anfangen, die Technologien für deren Abwehr zu entwickeln. OHB trägt mit eigenen technischen Entwicklungen und Investitionen dazu bei. Wir haben bereits 2015 eine Machbarkeitsstudie für die ESA zur Asteroidenabwehr erstellt; wir würden uns freuen, auch 2018 mit einer weiteren Studie zur Mission HERA einen Beitrag leisten zu können. Ich war außerdem kürzlich bei unserer italienischen Tochtergesellschaft OHB Italia zu Besuch. Dort bauen OHB-Ingenieure im Auftrag der ESA das „Fly-Eye“-Teleskop zusammen. Ein faszinierendes Instrument, mit dem schon bald von Sizilien aus nach „Near Earth Objects“ Ausschau gehalten werden soll. Dieses technologische Wunderwerk soll der Anfang eines weitreichenden Netzwerks sein, mit dem die Menschen dann künftig sehr viel frühzeitiger von Asteroiden auf Kollisionskurs erfahren werden.
Zur Person
Marco Fuchs (Jahrgang 1962) studierte Rechtswissenschaften in Berlin, Hamburg und New York. Von 1992 bis 1995 arbeitete er als Anwalt in New York und Frankfurt am Main. 1995 trat er in das Unternehmen OHB ein, das seine Eltern aufgebaut hatten. Seit dem Jahr 2000 ist er Vorstandsvorsitzender der jetzigen OHB SE und seit 2011 der OHB System AG. Marco Fuchs ist verheiratet und hat zwei Kinder.