Eine GNSS-Interferenz macht den einwandfreien Empfang der Positions- und Zeitinformation schwierig oder unmöglich und könnte beim Landeanflug einer Passagiermaschine fatale Folgen haben.

Safety first

OHB-Tochter Digital Solutions in Graz spürt mit GIDAS Störsender auf

Flughafen München, ein A380 ist im Landeanflug, 100 Meter über dem Boden startet der Riese mit sausenden Turbinen plötzlich wieder durch. Was war passiert? Im Tower hatten Fluglotsen eine GNSS-Störung, also eine Störung des Navigationssignals festgestellt. Glück gehabt, denn das Störsignal wurde in Echtzeit von GIDAS®, einem von der OHB Digital Solutions GmbH in Graz entwickeltem Gerät, detektiert. Die Information erreichte die Piloten im Cockpit in letzter Sekunde. GIDAS überwacht die GNSS-Frequenzbänder und erkennt beabsichtigte oder unbeabsichtigte Interferenzen. Wie das funktioniert und warum die eben geschilderte Szenerie noch Zukunftsmusik ist, erzählt uns Andreas Lesch, Geschäftsführer von OHB Digital Solutions GmbH, im Interview.

Interferenzen - was versteht man unter dem Begriff und worin lieg die Gefahr?

Andreas Lesch: Eine GNSS-Interferenz macht den einwandfreien Empfang der Positions- und Zeitinformation schwierig oder unmöglich. Der Störsender überlagert dabei die ursprünglichen Wellen ganz oder teilweise und macht sie so für den Empfänger unbrauchbar. Die Signale des globalen Navigationssatellitensystems GNSS, sind anfällig für Interferenzen, denn ein Navigationssignal ist am Boden relativ schwach und in etwa vergleichbar mit der Leistung einer 60-Watt-Glühbirne. Diese schwachen Signale können durch stärkere lokale Funksignale oder sogar durch Fake-Navigationssignale, so genanntes „Spoofing“, gestört werden. Interferenzen können somit erhebliche wirtschaftliche, aber auch materielle Schäden verursachen. In den letzten Jahren sind GNSS-Anwendungen vermehrt zum Ziel von Interferenzangriffen geworden, dies hatte beispielsweise die Abschaltung der Navigationsausrüstung am Flughafen Newark zur Folge – auch US-Drohnen wurde schon durch Interferenzangriffe zur Landung gezwungen.

GIDAS ist also ein Schutz vor krimineller Energie?

Unter anderem. Es gibt beabsichtigte und es gibt unbeabsichtigte Interferenzstörungen. Die unbeabsichtigten werden durch einfache (illegale) Geräte, also kleine Störsender, so genannte Jammer, verursacht, die Privatpersonen per Internet für ein paar hundert Euro erwerben können. Sie werden als Geräte zum „Schutz der Privatsphäre“ verkauft, haben aber meist eine deutlich höhere Reichweite als angegeben und können so unbeabsichtigt zu Interferenzen führen. Ein Beispiel sind LKW-Fahrer, die Jammer nutzen, um das Monitoring ihrer Ruhezeiten zu manipulieren. Wenn sich so ein Fahrer mit versehentlich eingeschaltetem Gerät einem Flughafen nähert, kann das zu erheblichen Störungen in den Systemen führen. Diese Jammer sind also ein großes Problem. Wir gehen davon aus, dass in Europa rund drei bis vier Interferenzstörungen entlang einer Autobahn gemessen werden können. Natürlich gibt es auch absichtlich verursachte Störungen – kurz Sabotage. So gab es bereits GNSS-Angriffe Nordkoreas gegen Südkorea oder Interferenzangriffe gegen US-Drohnen. Unser Gerät ist somit für viele Anwendungsbereiche interessant.

Spannende Sache! Welche Anwendungsbereiche sind darüber hinaus denkbar?

Weil GIDAS mögliche Störungen in Echtzeit detektieren kann, ist auch eine Anwendung im Bereich des autonomen Fahrens möglich. Wenn wir GIDAS in die Infrastruktur einbinden, können die Fahrzeuge in Echtzeit die Information erhalten, dass ihr Navigationssystem einer Störung unterliegt. Das Fahrzeug würde dann automatisch die Geschwindigkeit drosseln und auf manuellen Betrieb umschalten. Aber das ist Zukunftsmusik.

Klingt toll, können Sie etwas detaillierter in die Funktionsweise von GIDAS einsteigen?

GIDAS überwacht die Navigationssignale auf allen Frequenzbändern (abhängig von der gewählten Konfiguration) und erkennt und klassifiziert zuverlässig absichtliche und unbeabsichtigte Störquellen. Es ist ein System, welches aus einer oder mehreren Monitoring Stationen und einem Monitoring Center besteht. Die Monitoring Station verarbeitet die über Antenne empfangenen Signale mit einem Hochfrequenz-Frontend, einer Hochleistungsdatenverarbeitungseinheit sowie einer hoch entwickelten Softwarelösung. Das Monitoring Center verarbeitet die Daten der Monitoring Stationen, bietet das Benutzerinterface und das Alarmmanagement. Alle Komponenten sind für den Einbau in 19-Zoll-Racks konzipiert.

Warum wurde ausgerechnet die OHB Digital Solutions für das Projekt ausgewählt?

Wir als OHB Digital Solutions beschäftigen uns seit fast 20 Jahren mit GNSS-basierten Anwendungen. Kurz: Wir sind Navigationsexperten. Mit dieser Expertise haben wir auch die ESA überzeugt. GIDAS ist ein Projekt in Kooperation mit der Joanneum Fachhochschule in Graz und wurde durch das Navigation Innovation and Support Programme (NAVISP) der ESA gefördert. Die Laufzeit betrug rund 24 Monate.

Wie geht es jetzt für GIDAS weiter?

Unser Vertrieb startet mit GIDAS eben durch und wir haben schon einige vielversprechende Termine mit möglichen Kunden absolviert und weitere sind bereits geplant. GNSS gestützte Anwendungen haben bereits weite Teile unseres Alltags erreicht. Für alle Betreiber einer kritischen Infrastruktur, ob privat oder öffentlich, ist GIDAS das notwendige System zur Sicherstellung des Betriebs.

Acknowledgement:

GIDAS was carried out under a programme of and funded by the European Space Agency. The view expressed herein can in no way be taken to reflect the official opinion of the European Space Agency.

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